Everybody's fucked in their own special way

Samstag, 26. Oktober 2013

Andererseits...

... hat ein Sofadaueraufenthalt auch sein Gutes. Man kann sich um die wirklich dringenden Sachen kümmern, wie z.B. die Überprüfung der Bestände an griechischer Dudelmusik. Liegt doch der Verdacht nahe, dass die über die Jahrzehnte zusammen getragenen 120 Markos Vamvakaris-Stücke noch nicht das vollständige Oeuvre darstellen. Und das Altmännerknarzen hat (für mich) definitiv therapeutische Wirkung
Nun bin ich nicht unbedingt ein Freund der Musikdownloads, muss aber zugeben, dass diese neuen Möglichkeiten gerade für Leute mit etwas abseitigen musikalischen Vorlieben sehr hilfreich sind. Keine merkwürdigen Direktimporte, bei denen man vorher nie so recht wußte, ob der Inhalt tatsächlich das war, was man sich vorstellte. Jetzt kann man sich bei Itunes ca. 1000 Stücke des guten Markos heraussuchen. Das Problem ist dabei aber zunächst der Abgleich mit den schon vorhandenen Stücken. Da es keine verbindliche Transkription des griechischen zum lateinischen Alphabet gibt, findet sich der gleiche Titel teilweise in fünf verschiedenen Schreibweisen. Manchmal gibt es auch nur zweifelhafte englische Übersetzungen. Hier wird vorausgesetzt, dass man erkennt, dass "You have to know the tricks", "You must know the machine" und "You have to ride a bike" eigentlich das gleiche Lied, Prepei na xereis michani (oder prepi oder xeris oder kseris oder mihani oder ... oder) bezeichnen (da mein griechisch jenseits des Bierbestellens grausam ist, tappe ich hier auch zumeist im Dunkeln).

Da die neuen Zusammenstellungen nach meinem Eindruck im Wesentlichen aus digitalisierten 78erSchallplatten aus den 30er und 40er Jahren bestehen, kann auch die Tonqualität gewaltig differieren. Aber da ich ja ein Freund des Rumpelns bin, finde ich das nicht weiter schlimm. Und habe mir also wieder ein paar neue Stücke besorgt, auch wenn man dann ab und zu feststellt, dass man damals auch gerne das gleiche Stück unter ganzverschiedenen Titeln veröffentlicht hat.

Für alle, die es nicht ganz so rustikal mögen, habe ich jetzt endlich einen Link zu dem wunderbaren Alterswerk "Ta matoklada sou lampoun (Deine Augenlider glänzen)" gefunden, einen Zeimbekiko (9/4 Takt, wenn ich mich nicht täusche) aus den 60er Jahren, der auch für etwas verwöhntere Ohren einen Eindruck von der Schönheit dieser Musik geben sollte (das Link funktioniert nicht bei mobilen Geräten). Das Stück klingt nicht mehr nach Hafenkneipe, ist aber noch weit genug von dem entfernt, was dann in den Siebzigern bei uns als griechische Folklore angekommen ist, danach ging's aber rapide bergab...

(Und noch ein Favorit, diesmal nicht von Markos: Odyseas Moschonas mit Kapetan Andrea Zeppo, ein schönes fröhliches Lied übers Fische- und Krakenfangen,.. wenn man weiß, dass der Kapitän, um den es geht, so aussah und ein bekannter Unterweltcharakter in Piräus war, hat das Lied noch einmal einen neuen Klang):
(Links neben dem Kapetan ist Yannis Papaioannou, der die Originalfassung des Liedes (und auch andere Perlen wie Fünf Griechen in der Hölle) geschrieben hat)


(Anmerkung: Eigentlich wollte ich für solche Texte schon längst einen eigenen Blog eröffnen, für den auch schon ähnlich elektrisierende Abhandlungen vorliegen, z.B. über Katzencontent bei Hieronymus Bosch oder die Marmeladensemmel als obszönes Symbol im frühen Jazz. Habe mich bislang noch nicht dazu durchringen können, weil ich nicht weiß, ob ich die Zeit finde, derlei Kram (der mir zwar regelmäßig durch den Kopf geht) regelmäßig aufzuschreiben (von der Zahl der potenziell Interessierten will ich mal gar nicht reden, aber das ist ja eh nicht mein Thema). Vielleicht sollte ich mich jetzt mal aufraffen....)

2 Kommentare:

  1. Der ist immer noch tot...
    Soweit ich das verstehe, hat die Musik von Theodorakis große Anleihen bei den Rembetiko-Liedern genommen, ist aber bei weitem kunstvoller und raffinierter. Aber ich habe halt eine Schwäche für diese 30er Jahre-Aufnahmen... Wahrscheinlich muss man sich das Verhältnis dieser Musik zu Alexis Zorbas wie das von Leadbelly zu Eric Clapton vorstellen (wenn das irgendeinen Sinn ergeben sollte).

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